Kostenübernahme Psychotherapie, das massive Problem der gesetzlich Versicherten

Kostenübernahme Psychotherapie, das massive Problem der gesetzlich Versicherten

 

Die gesetzlichen Krankenkassen müssen die Kosten einer Psychotherapie übernehmen. Jedoch berufen sich die gesetzlichen Krankenkassen auf die kassenärztlich zugelassenen Therapeuten. Doch die Wartelisten dort sind lang. Die Wartelisten sind voll. Die Wartezeiten betragen oft bis zu mehreren Monaten. Generell gibt es in Deutschland nicht zu wenig Psychotherapeuten, jedoch zum wenig Psychotherapeuten, die dazu berechtigt sind, gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen (sog. Kassensitz). Dieses kassenärztliche Problem führt zu den massiven Engpässen und damit zu einer massiven Unterversorgung. Laut Schätzungen fehlen in Deutschland rund 7.000 Kassensitze für eine ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten.

Ein Teufelskreis, wenn man bedenkt, dass das Krankengeld nur für eine Dauer von 78 Wochen gezahlt und somit oft schon die Hälfte davon durch die Wartezeiten verbraucht wird. Die sodann folgende Therapie überschreitet dann oft die Dauer des Krankengeldbezugs und die Krankenkassen nehmen die Einstellung des Krankengeldes vor ("Aussteuerung"). Die damit verbundenen Existenzängste verstärken oft das Krankheitsbild oder lösen weitere psychische Erkrankungen aus.

Zumal belegt ist, dass durch die überlangen Wartezeiten immer weniger Versicherte eine Psychotherapie in Anspruch nehmen. Die Anzahl der unbehandelten Erkrankungen steigt damit weiter an.

Hinzu kommen die schockierenden Schilderungen von gesetzlich Versicherten, dass die zuständigen Sachbearbeiter der Krankenkassen Druck ausüben. Dies mit der Androhung von Kürzungen des Krankengeldes und dem Drängen, wieder der Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit dieser Thematik haben wir uns schon in einem separaten Artikel befasst, den Sie hier im Block finden. Ein Gesamtumstand, der auf allen Ebenen -insbesondere im Hinblick auf den gesamtgesellschaftlichen Nutzen- wenig nachvollziehbar ist.

Durch die langen Wartezeiten sind daher die Betroffenen gezwungen, sich an staatlich approbierten Psychotherapeuten /-innen zu wenden, die keine Kassenzulassung haben. Die Kosten hier liegen bei etwa 100.- € pro 50 Minuten. Für eine vollständige Therapie können so mehrere Tausend Euro anfallen. Wer die finanzielle Stärke dafür aufbringen kann, ist gut gestellt.  

Verweigert die gesetzliche Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Psychotherapie bei einem Psychotherapeuten ohne Kassenzulassung, so sollte zunächst geprüft werden, ob nicht noch ein anderer Leistungsträger in Betracht kommt. Hier gibt es die privaten Krankenkassen oder Zusatzversicherungen, die Beihilfe, die Berufsgenossenschaften, die Heilfürsorge der Bundeswehr, die Heilfürsorge der Bundespolizei, die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten und die Postbeamtenkrankenkasse. Die Berufsgenossenschaften erstatten in der Regel die Kosten für eine Psychotherapie, wenn diese aus arbeitsbedingten Gegebenheiten notwendig wird.

Falls der Versicherte trotz angemessener Suchaktivitäten bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten nur nach einer unzumutbar langen Wartezeit einen Therapieplatz oder gar keinen Therapieplatz erhält, erfüllt die gesetzliche Krankenversicherung ihren Versorgungsauftrag nicht. In diesen Fällen hat der Versicherte das Recht, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Die Kosten, die dadurch entstehen, muss die gesetzliche Krankenversicherung erstatten. Dieser Anspruch ist in § 13 Absatz 3 SGB V gesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen gesetzlichen Krankenversicherungen. Ein Muster für einen solchen Antrag finden Sie in unserem Download-Bereich.

Hierbei ist zu beachten, dass der Versicherte beim Kostenerstattungsverfahren belegen muss, dass er sich vergeblich bemüht hat, einen Therapieplatz bei einem niedergelassenen Therapeuten mit Kassensitz zu finden. Dazu sollte er zwingend Anrufe und Absagen bei einer bestimmten Zahl von Therapeuten schriftlich dokumentieren.

Ratsam ist es, wenn der Versicherte außerdem nachweisen kann, dass er sich auch an die Termin-Servicestellen gewandt hat und diese ihm keinen zeitnahen Termin für eine Sprechstunde vermitteln konnten. Auch hier sollte er Absagen in einem Telefonprotokoll festhalten bzw. das Schreiben der Termin-Servicestelle beilegen.

Mittlerweile verweist eine zunehmende Zahl der gesetzlichen Krankenkassen für den erforderlichen "Nachweis des Systemversagens", also auf das Sammeln von Absagen. Und an den Verweis an die Termin-Servicestellen. D.h. diese Krankenkassen machen es für die Bewilligung des Antrags zur Bedingung, dass die Termin-Servicestellen wiederholt (ca. 5 Mal) nicht in der Lage waren, dem Hilfesuchenden unter zumutbaren Bedingungen einen adäquaten Therapieplatz zu vermitteln.

Damit ein Antrag auf Kostenerstattung höhere Erfolgsaussichten hat, gilt es folgende Punkte zu beachten:

1. Der Antrag muss von dem Versicherten vor Beginn der Therapie gestellt werden

2. Die Ersatzleistung dürfen nur Psychotherapeuten erbringen, die ebenso qualifiziert sind, wie die Psychotherapeuten mit Kassensitz: Approbierte Psychologische Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Privatpraxis

3. Es muss nachweisen werden, dass die Psychotherapie zwingend notwenig ist. Dies ist ärztlich zu belegen.

4. Es muss nachgewiesen werden, dass eine Behandlung durch einen Psychotherapeuten mit Kassensitz nicht rechtzeitig möglich ist oder eine unangemessen lange Wartezeit besteht. In der Regel ist hier von einer Wartezeit von drei Monaten auszugehen. Belegen Sie die zahlreichen Bemühungen um einen Therapieplatz durch ein entsprechendes Protokoll. Ebenso den mehrfachen Kontakt zu den Termin-Servicestellen.

5. Einige Krankenversicherungen verlangen eine Diagnose.

Legen Sie zwingend Widerspruch ein, wenn Ihre gesetzliche Krankenversicherung die Kostenerstattung ablehnt.

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit.

Expertentipp

Wenn Sie mit einer Entscheidung einer Behörde oder einer Krankenkasse nicht einverstanden sind, so legen Sie zwingend Widerspruch ein. Nur so sichern Sie Ihre Rechtsposition.

Sie müssen den Widerspruch innerhalb eines Monats einlegen. Die Frist beginnt an dem Tag, an dem Ihnen der Bescheid zugestellt wurde.

Fehlt bei dem Bescheid die Rechtsbehelfsbelehrung oder ist diese unvollständig beziehungsweise unrichtig, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr.

Es ist Sorge dafür zu tragen, dass der Widerspruch fristgerecht bei der Behörde eingeht. Achten Sie darauf, dass Sie den Zugang bei der Behörde auch belegen können. Wenn Sie Ihren Widerspruch mit der Post schicken, sollten Sie dies per Einschreiben tun. Falls Sie Ihr Widerspruchsschreiben persönlich bei der Behörde abgeben, lassen Sie sich den Empfang quittieren. Bei einem zur Niederschrift der Behörde eingelegten Widerspruch lassen Sie sich eine Kopie der Niederschrift geben.

Ebenso sieht das Gesetz vor, dass Sie Ihren Widerspruch auch in elektronischer Form erheben können. Dies gilt aber nur, wenn die Ausgangsbehörde dafür einen Zugang eröffnet. Außerdem müssen Sie bei der Einlegung des Widerspruchs die speziellen Vorschriften über die elektronische Kommunikation mit Behörden beachten.

Eine einfache E-Mail genügt nicht der Schriftform!

Ein Muster für einen Widerspruch finden Sie in unserem Download-Bereich.

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit.

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