EHEC-Infektion kein Arbeitsunfall

EHEC-Infektion kein Arbeitsunfall

Erforderlichen Vollbeweis nicht erbracht.

 

Was war passiert?

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer im Jahr 2011 erlittenen EHEC-Infektion als Arbeitsunfall.

Die 1968 geborene Klägerin ist seit 1998 bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. GmbH (D.) in A-Stadt beschäftigt. Am Morgen des 9. Mai 2011 erkrankte sie mit starken Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfällen. In den Folgetagen entwickelte sie ein HU-Syndrom (hämolytisch-urämisches Syndrom). Ihre stationäre Behandlung war nach wenigen Tagen intensivpflichtig, sie wurde mehrfach operiert (Resektion von Teilen des Dickdarms; Diagnosen zu diesem Zeitpunkt: schwere Dickdarmentzündung; Verdacht auf Bauchfellentzündung; Blutvergiftung; akutes Nierenversagen nach hämolytischer Anämie und Thrombopenie; beginnendes Multiorganversagen). Auf Basis einer Probe vom 12. Mai 2011 wurde die Infektion mit dem EHEC-Erreger O104:H4 labortechnisch nachgewiesen.

Dem Ergebnisbericht der durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) einberufenen „Task Force EHEC zur Aufklärung des EHEC O104:H4 Krankheitsausbruchs in Deutschland“ (im Internet veröffentlicht unter: https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/Krisenmanagement/
Task_Force_EHEC_Ergebnisbericht_23_09_2011.pdf;jsessionid=BC62B347989CF38448D2D83241A25C08.1_cid360?__blob=publicationFile&v=3), die eingesetzt wurde, um das zur gleichen Zeit auch an anderen Orten in Deutschland beobachtete Infektionsgeschehen schnellstmöglich aufzuklären und zu stoppen, lässt sich entnehmen, dass der genannte EHEC-Erreger mit hoher Wahrscheinlichkeit über aus Ägypten bezogene Bockshornkleesamen in einen niedersächsischen Gartenbaubetrieb gelangt war, wo die Samen zum Sprossen gebracht und die Bockshornkleesprossen anschließend mit anderen Sprossenarten zu den in dem Betrieb hergestellten Sprossenmischungen „Keimspross-Mischung (milde Mischung)“ und „Würz-Mischung“ vermengt wurden. Über Zwischenhändler gelangten diese Sprossenlieferungen anschließend an Endabnehmer wie Restaurants, Kantinen, Supermärkte und Gemüsehändler. Im Rahmen der Untersuchung wurden mindestens 41 solcher Endabnehmer identifiziert, bei denen es zu entsprechenden Ausbruchgeschehen gekommen war. Hierunter befanden sich auch die beiden durch die E. Services GmbH betriebenen Betriebskantinen von D. in A-Stadt. Bundesweit fielen die ersten bestätigten Erkrankungen auf den 9., 11., 12. und 14. Mai 2011. Bekannt ist zudem eine erste Durchfallerkrankung einer Mitarbeiterin des niedersächsischen Gartenbaubetriebes am 6. Mai 2011 (ohne Nachweis von EHEC O104:H4). Als mutmaßlich kontaminiert und mit hoher Wahrscheinlichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit dem Ausbruchgeschehen stehend wurden vor allem die Ernten vom 26. und 29. April 2011 identifiziert.

Die Ermittlungen der Task Force konzentrierten sich auf fünf prioritär ausgewählte Ausbruchsorte (sog. Cluster). Bei Cluster xx1 handelte es sich um die beiden Betriebskantinen von D. in A-Stadt. Für dieses Cluster wurden nach Abschluss der Untersuchungen im Ergebnisbericht u.a. die folgenden Daten bekannt gegeben:

-    erster Auslieferungstermin für die kontaminierte Sprossen-„Würz-Mischung“ an die Kantinen und damit auch erster möglicher Expositionstermin am 2. Mai 2011 (Liefertermine danach vom 2. bis 5. Mai 2011 täglich);
-    erste registrierte Erkrankungsfälle am 9. Mai 2011.

Der vom RKI veröffentlichten „Abschließenden Darstellung und Bewertung der epidemiologischen Erkenntnisse im EHEC O104:H4 Ausbruch Deutschland 2011“ (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/EHEC/EHEC_O104/EHEC-Abschlussbericht.pdf; jsessionid=2E94575DB9B2F71B7B1F9FA46BA9869D.internet101?__blob=publication File) lassen sich u.a. folgende weitere Informationen entnehmen:

-    Bei einer Auswertung von 91 Fällen mit bekanntem Erkrankungsdatum und einem auf zwei Tage begrenzten vermutlichen Expositionszeitraum ergab sich, dass der Median der wahrscheinlichen Inkubationszeit (Zeit von der Exposition bis zum Ausbruch der Erkrankung) bis zum Beginn der Durchfallsymptomatik bei 8 Tagen lag (25 %-Perzentil erreicht an Tag 6, 75 %-Perzentil an Tag 10). Die kürzeste Inkubationszeit ist mit 2 Tagen vermerkt (unter 5 % der Erkrankten; bis Tag 3 insgesamt etwa 12 %, bis Tag 4 etwa 16 % bzw. an Tag 2: 4,3 %, an Tag 3: 7,6 %, an Tag 4: 4,3 %, an Tag 5: 6,1 %; Werte jeweils gerundet). Im Vergleich zur mittleren Inkubationszeit des – weiter verbreiteten – Erregers EHEC O157 (3 bis 4 Tage) sei die Inkubationszeit bei dem EHEC O104:H4 mithin deutlich länger (vgl. Seite 13 des Berichts).
-    Im Cluster xx1, d.h. an den A-Stadt Standorten von D., erkrankten zwischen dem 9. und dem 17. Mai 2011 insgesamt 60 Mitarbeiter mit blutigem Durchfall, neun davon wurden labordiagnostisch bestätigt, 18 entwickelten ein HUS. Eine Auswertung der (im Rahmen eines Chipkartensystems elektronisch erfassten) Einkäufe in den betroffenen Kantinen von erkrankten (n=23) und nicht erkrankten (n=35) Personen ergab, dass das Risiko für Mitarbeiter, die im o.g. Zeitraum Salat in der Kantine gekauft und konsumiert hatten, an blutigem Durchfall zu erkranken, sechsfach höher war verglichen mit Mitarbeitern, die keinen Salat gekauft hatten. Insgesamt 20 der 23 Fälle (87 %) konnten nach den Angaben des RKI durch den Salatkauf erklärt werden (Seite 20 des Berichts).

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2011 lehnte die Beklagte Ansprüche der Klägerin auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass der EHEC-Erkrankung ab. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Arbeitsunfalls seien nicht gegeben, da es unmöglich sei, im Grad des Vollbeweises nachzuweisen, dass die Klägerin sich die Infektion innerhalb einer Arbeitsschicht am Arbeitsplatz zugezogen habe. Es sei nicht mehr feststellbar, wann, wo und wie sich die Klägerin mit den EHEC-Erreger infiziert habe. Die Tatsache allein, dass sich auch andere Kollegen angesteckt hätten, reiche zur Beweisführung nicht aus. Sollte die Klägerin in der betriebseigenen Kantine gegessen haben und hier die Infektionsquelle zu vermuten sein, sei zu beachten, dass die Nahrungsaufnahme auch dort nicht zur versicherten Tätigkeit zähle. Ob die Klägerin unmittelbar Kontakt mit anderen infizierten Mitarbeitern des Unternehmens gehabt habe (persönlich durch Begrüßung und/oder Verseuchungen im Sanitärbereich bzw. an Türklinken) und sich dadurch angesteckt habe, sei unbewiesen.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten vortragen, dass sie bei D. als Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin tätig sei. Als leitende Angestellte berate sie Unternehmen bei der Vorbereitung und Durchführung von Unternehmenskäufen und -verkäufen. Bei der Arbeit an solchen Transaktionen sei der Zeitdruck oft außerordentlich hoch. Angesichts der dem EHEC-Erreger typischerweise eigenen Inkubationszeit von 3 bis 4, längstens 10 Tagen sei davon auszugehen, dass die Klägerin sich am 5. oder 6. Mai 2011 infiziert habe. An diesen Tagen wie überhaupt in der gesamten Woche habe sie im Büro unter massivem zeitlichen Druck gestanden. So sei sie in ein Beratungsprojekt eingebunden gewesen, dass am 6. Mai 2011 zum Abschluss gebracht worden sei, außerdem in ein weiteres Projekt, das in der darauffolgenden Woche beginnen sollte und insbesondere am 5. und 6. Mai 2011 vorzubereiten gewesen sei. Über den allgemeinen Termindruck hinaus habe sie daher gerade an diesen beiden Tagen unter besonderem Zeitdruck und einer hohen Arbeitsbelastung gestanden. Unter Berücksichtigung ihrer E-Mail-Korrespondenz und ihren Kalendereintragungen könne sie zudem den Nachweis führen, dass sie am 5. Mai 2011 rund 13 Stunden und am 6. Mai 2011 rund 10 Stunden gearbeitet habe, wobei sie bedingt durch mehrere Telefonkonferenzen die Mittagspause auf höchstens 20 Minuten habe begrenzen müssen. Es habe für sie damit nicht die Möglichkeit bestanden, ihr Mittagessen an einem von ihr frei gewählten Ort einzunehmen. Sie habe weder örtlich noch zeitlich Alternativen zum Besuch des Kasinos ihres Arbeitgebers gehabt. Neben dem Risiko einer Ansteckung in der Kantine sei die Klägerin bei ihrem Arbeitgeber zudem einem erheblich erhöhten Risiko einer Mensch-zu-Mensch- bzw. einer Schmierinfektion ausgesetzt gewesen. Bei D. habe es neben den offiziell gemeldeten Fällen auch viele weitere Mitarbeiter gegeben, die in der fraglichen Zeit über Beschwerden geklagt hätten, jedoch nicht weiter untersucht worden seien. Die Klägerin habe Kontakt zu sehr vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gehabt. Außerdem würden Besprechungsräume gemeinsam genutzt. Türen öffneten sich nur über händisch zu betätigende Türöffner. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein EHEC-Keimträger an einem Arbeitsplatz, an dem die Klägerin tätig gewesen sei, Keime hinterlassen habe, die die Klägerin etwa über die Hände aufgenommen habe, sei unter diesen Gegebenheiten außerordentlich groß. Die bekannten epidemiologischen Zahlen zu Grunde gelegt sei nach ihren Berechnungen das Infektionsrisiko bei D. im Vergleich zu dem allgemeinen Risiko in Hessen, sich mit dem Erreger zu infizieren, auf das 111-fache erhöht gewesen. Unabhängig davon, ob die Infektion in der Kantine oder in den sonstigen Räumlichkeiten des Arbeitgebers erfolgt sei, habe sich die Klägerin jedenfalls im beruflichen Zusammenhang und bei einer versicherten Verrichtung infiziert.

Das Gesundheitsamt der Stadt A-Stadt teilte der Beklagten mit Schreiben vom 27. Juni 2012 mit, dass aus seiner Sicht ein nachgewiesener epidemiologischer Zusammenhang dahin bestehe, dass die mit dem EHEC-Erreger erkrankten Beschäftigten bei D. sich dort in der Kantine angesteckt hätten. Sie hätten im betroffenen Zeitraum in der Kantine Salat gegessen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass sie keinen begründeten Zweifel daran hege, dass die Klägerin sich die EHEC-Infektion in ihrem im weiteren Sinne beruflichen Umfeld zugezogen habe, dass darüber hinaus aber nicht feststehe, wo genau die Klägerin sich mit dem Erreger infiziert habe. Sofern sie sich in der (von einem Dritten betriebenen) Kantine angesteckt habe, bestünde kein Versicherungsschutz, da dieser grundsätzlich mit dem Betreten der Kantine ende. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Weder habe die Art der versicherten Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursacht, noch habe trotz der glaubhaft vorgetragenen beruflichen Belastung ausnahmsweise eine zwingende Veranlassung bestanden, eine bestimmte Mahlzeit in der Kantine einzunehmen. Beispielsweise sei auch in einer (vorhersehbar) relativ kurzen Mittagspause eine Nahrungsaufnahme durch das Mitbringen von Lebensmitteln oder durch Bestelldienste (Pizza-Service) möglich gewesen. Jedenfalls sei eine betriebliche Hast nicht die unmittelbare Ursache für die Infektion gewesen. Sollte sich die Klägerin die Infektion durch Kontakt mit Kollegen am Arbeitsplatz zugezogen haben, sei eine Unfallkausalität ebenfalls zu verneinen. Bei allgemein wirkenden Gefahren (z.B. Ansteckung mit Grippeviren, Epidemien) fehle es am rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Eine Ansteckung sei hier überall denkbar, demnach auch im privaten Bereich.

Hiergegen hat die Klägerin am 10. Januar 2014 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben und beantragt, die EHEC-Infektion mit HU-Syndrom als Arbeitsunfall anzuerkennen und die hieraus entstandenen Folgen in gesetzlichem Umfang zu entschädigen. Sie hat erneut dargelegt, warum sie aufgrund besonderen Zeitdrucks gerade am 5. und 6. Mai 2011 keine andere Möglichkeit gehabt habe, als in der Kantine ihres Arbeitgebers zu essen. Insbesondere habe sie wegen einer aktuellen Transaktion einem Mandanten für Rückfragen zur Verfügung stehen müssen; längere Abwesenheitszeiten vom Schreibtisch seien damit nicht vereinbar gewesen. Zeit für ein Essen außerhalb des D-Gebäudes habe es daher nicht gegeben. Da nicht absehbar gewesen sei, dass die Mittagspause sich auf so kurze Zeit begrenzen würde – dies habe sich erst durch den Projektablauf ergeben – sei auch das Mitbringen von Lebensmitteln keine Alternative gewesen. Im Übrigen reiche es für den betrieblichen Zusammenhang aus, dass die (Selbst-)Beschränkung auf eine kurze Mittagspause im Interesse des Unternehmens gelegen habe und in diesem Interesse erfolgt sei. Ein Arbeitsunfall sei in jedem Falle zu bejahen, da sowohl eine Infektion bei der Nahrungsaufnahme in der Kantine als auch eine Ansteckung während der Tätigkeit im Büro wie schließlich auch die Infektion bei einer privaten Tätigkeit in den Büroräumen des Arbeitgebers vom Unfallversicherungsschutz umfasst seien. Letzteres begründe sich mit der besonderen Durchseuchung in den Büroräumen des Arbeitgebers, die als eine Versicherungsschutz begründende betriebsbedingte Gefahr zu betrachten sei.

Die Beklagte hat an ihren Bescheiden festgehalten und auf ein Gutachten aus einem Parallelverfahren verwiesen. Der Gutachter habe dort die Auffassung vertreten, dass angesichts der zeitlichen Abläufe des epidemiologischen Geschehens rund um den Erreger EHEC O104:H4 die maßgeblichen infektiologischen Voraussetzungen für eine Sekundärinfektion erst im Zeitraum vom 12. bis 14. Mai 2011 gegeben gewesen seien. Bei einer (im dortigen Verfahren) am 11. Mai 2011 aufgetretenen Erkrankung habe er daraus geschlossen, dass die Infektion in der Kantine erfolgt sei, entweder durch den Verzehr von Sprossen selbst oder von mit dem EHEC-Erreger kontaminierten sonstigen Speisen. Dies müsse dann erst recht für die Klägerin gelten, bei der die Erkrankung bereits am 9. Mai 2011 ausgebrochen sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Mai 2018 mit der Begründung abgewiesen, dass sich nicht im Vollbeweis feststellen lasse, dass die Klägerin sich bei einer versicherten Tätigkeit mit dem EHEC-Erreger infiziert habe. Es lasse sich bereits nicht abschließend feststellen, ob die Klägerin sich nicht bei dem Genuss kontaminierter Lebensmittel zu Hause oder durch eine andere Infektionsquelle nach Beendigung der Arbeitstätigkeit infiziert habe. Wenn auf den – sehr wahrscheinlichen – Vortrag der Klägerin abgestellt werde, wonach diese sich beim Essen im Kasino ihres Arbeitgebers angesteckt habe, sei diese Tätigkeit nicht dem versicherten Tätigkeitsbereich zuzurechnen. Grundsätzlich sei die Nahrungsaufnahme dem privaten, unversicherten Lebensbereich zuzuordnen. Soweit die Rechtsprechung hierzu Ausnahmen entwickelt habe, seien diese im gegebenen Fall nicht einschlägig. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass das Vorhandensein von EHEC-Erregern im Essen, welches im Kasino des Arbeitgebers angeboten werde, eine besondere Betriebsgefahr begründe, die, selbst wenn sie sich in einem Zeitpunkt verwirklicht habe, in dem die Klägerin einer privatnützigen Tätigkeit nachgegangen sei, zum Versicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung führe. Denn das Anbieten von Essen und die Gefahr, dass dieses verseucht sein könnte, stünden nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Betriebsabläufen des Arbeitgebers, sondern seien ausschließlich dem Gefahrenbereich des Kasinobetriebs zuzuordnen. Eine besondere Betriebsgefahr habe auch nicht hinsichtlich der unbestritten erhöhten Ansteckungsgefahr in den Betriebsräumen des Arbeitgebers bestanden. Denn die schnelle Verbreitung innerhalb des Bürogebäudes sei auf die hohe primäre wie sekundäre Ansteckungsgefahr und nicht auf betriebliche Bedingungen zurückzuführen gewesen. Es handelte sich damit gerade nicht um die Realisierung eines typischen mit dem Betrieb eines Beratungsunternehmens bzw. der Nutzung von Büroflächen verbundenen Gefahr. Die Grundsätze, die der Verordnungsgeber im Zusammenhang mit der Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds mit bestimmten Infektionskrankheiten bei Berufskrankheiten entwickelt habe, seien mangels planwidriger Regelungslücke auf den Versicherungsfall eines Arbeitsunfalls nicht übertragbar. Nach alledem habe das Sozialgericht der Anregung der Klägerin, weiteren Beweis durch Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. med. C. A. bzw. des Priv.Doz. Dr. F. (Mikrobiologe; Bundesinstitut für Risikobewertung) gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz – SGG – bzw. hilfsweise nach § 109 SGG einzuholen, nicht folgen müssen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Juli 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30. Juli 2018 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass mit Blick auf den Schutzzweck der Unfallversicherung der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben könne, dass sie bei der Tätigkeit für ihren Arbeitgeber in dessen Räumlichkeiten bzw. in der Kantine des Betriebs – für sie in keiner Form vorhersehbar oder vermeidbar – lebensbedrohenden Bakterien ausgesetzt gewesen sei, die eine schwere und folgenreiche Erkrankung bei ihr ausgelöst hätten. Eine solche Gefahr falle nicht mehr unter das allgemeine Lebensrisiko. Im Übrigen griffen Grundsätze der Beweiserleichterung. So müsse – vergleichbar den Beweiserleichterungsgrundsätzen bei der Berufskrankheit nach Nr. 3101 (BK 3101) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung – BKV – (Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war) – angesichts der nachgewiesenen, weit über das normale Maß hinausgegangen Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz der Klägerin angenommen werden, dass die Klägerin sich die Infektion eben im Rahmen dieser besonderen berufliche Exposition zugezogen habe und die Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und Unfallereignis bereits damit ausreichend belegt sei, ohne dass die Klägerin den (praktisch unmöglichen) Nachweis erbringen müsse, bei welcher konkreten Tätigkeit sie sich infiziert habe. Dabei sei der Versicherungsschutz auch nicht ausgeschlossen, wenn angenommen würde, dass sie sich im Kasino ihres Arbeitgebers infiziert habe, da ihr aufgrund der besonderen Arbeitsbelastung – unter der sie ausweislich der ihr vorliegenden Kalendereintragungen im Übrigen an allen Tagen der fraglichen Woche gestanden habe – nichts Anderes übriggeblieben sei, als eben dort ihr Mittagessen einzunehmen, und die Nahrungsaufnahme darum der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Sehr viel wahrscheinlicher sei zudem, dass sich die Ansteckung im Rahmen ihrer Bürotätigkeit im engeren Sinne zugetragen habe. So habe sie in der betreffenden Woche des Ansteckungsgeschehens lange Arbeitstage im Büro verbracht, die jeweils von einer nur zwanzigminütigen Mittagspause unterbrochen worden seien. Dass sie sich gerade während dieser kurzen Zeit, bei der Nahrungsaufnahme im Kasino, infiziert habe, sei damit höchst unwahrscheinlich. Rechnerisch ergäbe sich bei einem unterstellten zehnstündigen Arbeitstag und einer halbstündigen Mittagspause hierfür eine Wahrscheinlichkeit von 5 %. Diese reduziere sich noch weiter dadurch, dass die Klägerin grundsätzlich keine Sprossen esse, weil sie diese nicht möge. Darum sei auch davon auszugehen, dass sie entsprechende Toppings auf den von ihr verzehrten Gerichten abgelehnt habe. Stattdessen spreche alles dafür, dass die Übertragung des Erregers in den Büroräumen im Wege der Schmierinfektion durch das Berühren einer Türklinke, das Drücken des Aufzugsknopfes, Händeschütteln oder Ähnliches erfolgt sei. Im unmittelbaren Arbeitsumfeld der Klägerin habe es einen infizierten Kollegen gegeben. Auch teile die Klägerin die Toiletten und die Kaffeeküche mit der hausinternen EDV-Abteilung, in der es ebenfalls mehrere Erkrankte gegeben habe. Vor Ort seien mehrere Türen zu öffnen, um vom Büro der Klägerin zu den Kopierern, Toiletten oder zur Kaffeeküche zu kommen. Angesichts der bei einem Infektionsgeschehen mit Inkubationszeit objektiv bestehenden und von der Klägerin nicht zu vertretenden Beweisschwierigkeiten müssten diese Indizien in ihrer Gesamtheit ausreichen, um von einem Infektionsgeschehen bei einer versicherten Verrichtung im Vollbeweis auszugehen.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren erneut angeregt, gemäß § 106 SGG ein medizinisches Zusammenhangsgutachten bei Prof. Dr. med. C. A. in Auftrag zu geben und dem Sachverständigen aufzugeben, ein epidemiologisches Zusatzgutachten bei Priv. Doz. F. einzuholen. Hilfsweise hat sie einen entsprechenden Antrag nach § 109 SGG gestellt. Das Zusammenhangsgutachten solle belegen, wann sich die Klägerin wo mit dem EHEC-Erreger infiziert habe bzw. gegebenenfalls, mit welcher Wahrscheinlichkeit bei welcher Gelegenheit von einer Infektion ausgegangen werden könne oder müsse.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die EHEC-Infektion mit HU-Syndrom als Arbeitsunfall anzuerkennen,

hilfsweise,

    gemäß § 109 SGG ein medizinisches Zusammenhangsgutachten einzuholen bei
        Prof. Dr. A.
        Direktor des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit
        sowie geschäftsführender Direktor des Zentrums
        für Infektiologie und Infektionsschutz der Universität G-Stadt
        G-Straße
        G-Stadt
und Prof. Dr. A. aufzugeben, ein epidemiologisches Zusatzgutachten einzuholen bei
        Priv.-Doz. Dr. F.
        F-Straße
        F-Stadt

Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung. Für die Annahme eines Arbeitsunfalls reiche es für den Vollbeweis der versicherten Tätigkeit im Unfallzeitpunkt nicht aus, dass die Klägerin sich mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwie im beruflichen Umfeld infiziert habe, da die Klägerin während ihrer Arbeitszeit auch einzelnen privaten Verrichtungen – nicht zuletzt der Nahrungsaufnahme im Kasino – habe nachgehen können. Auf den von der Klägerin bemühten rein zeitlichen Faktor komme es insofern nicht an, da allein über diesen eine konkrete unfallauslösende versicherte Verrichtung nicht positiv nachgewiesen werden könne. Im Übrigen spreche die durchschnittliche Inkubationszeit des Erregers EHEC O104:H4 von acht Tagen gegen eine Sekundär- bzw. Schmierinfektion, da die belasteten Sprossen frühestens am 2. Mai 2011 in die Kantine gelangt und die Erkrankung bei der Klägerin bereits am 9. Mai 2011 ausgebrochen sei. Im Falle der Schmierinfektion, wenn also ein mit Krankheitssymptomen zur Arbeit erschienener Kollege den Erreger an einer Türklinke etc. hinterlassen und die Klägerin sich hierüber infiziert hätte, wäre mit einem deutlich späteren Krankheitsausbruch bei ihr zu rechnen gewesen.

Der Senat hat beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) den Menüplan der Betriebskantine des Arbeitgebers der Klägerin für die 18. KW 2011 sowie die Auflistung der in der betreffenden Woche von der Klägerin getätigten Bestellungen eingeholt. Auf die Chipkarte der Klägerin wurde an allen Tagen der fraglichen Woche Mittagessen bestellt, dabei am Mittwoch (unter anderem) Salat von der Salatbar.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat der Senat die Klägerin persönlich gehört. Hinsichtlich ihrer Angaben wird auf das Protokoll vom 22. Dezember 2020 Bezug genommen.

Die Beteiligten haben ihre Zustimmung zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung durch den Senat erteilt.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Der Senat kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Sozialgericht hat die im Rahmen des Berufungsverfahrens allein weiterverfolgte, auf die Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Klägerin zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass es sich bei der von ihr im Mai 2011 erlittenen EHEC-Infektion um einen Arbeitsunfall handelt.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung des Versicherten, bei der sich der Unfall ereignet hat, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang) und dass diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R – juris Rn. 14; stRspr).

Die Klägerin hat bei der Infektion mit dem Erreger EHEC O104:H4 einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Das Eindringen eines Bakteriums in den Körper ist ein von außen einwirkendes, körperlich schädigendes und zeitlich begrenztes Ereignis (BSG, Urteil vom 7. Mai 2019 – B 2 U 34/17 R – juris Rn. 18). Dass der genaue Zeitpunkt der Infektion nicht festzumachen ist, ist hierbei unschädlich (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2019, a.a.O.). Die Infektion hat bei der Klägerin zu blutigen Durchfällen und im weiteren Verlauf zu einem behandlungsbedürftigen, lebensgefährlichen hämolytisch-urämischen Syndrom sowie zu einer sich bis heute bemerkbar machenden Dickdarmresektion und bleibenden Nierenvernarbungen, mithin über rein innerkörperliche Reaktionen oder Strukturveränderungen hinaus zu Funktionsstörungen und damit zu einem Gesundheitsschaden im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII geführt (zu diesem Maßstab BSG, Urteil vom 7. Mai 2019, a.a.O., Rn. 19). Die Klägerin ging als angestellte Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. auch grundsätzlich einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nach und gehörte damit zum Kreis der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Personen.

Die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall scheitert aber daran, dass auch unter Berücksichtigung aller Aspekte des Falles nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls, also in dem Moment, in dem sie sich mit dem EHEC-Erreger infizierte, einer Verrichtung nachging, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.

Für die Annahme eines der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhaltens im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII muss eine sachliche Verbindung der im Unfallzeitpunkt ausgeübten Verrichtung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, das heißt ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urteil vom 27. November 2018 – B 2 U 7/17 R – juris Rn. 11 m.w.N.). Die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung müssen im Vollbeweis, das heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (nur BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R – juris Rn. 23; stRspr). Dies ist dann der Fall, wenn ihr Vorliegen in so hohem Maß wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Tatsachen zu begründen (BSG, Urteil vom 18. April 2000 – B 2 U 7/99 R – juris Rn. 19; Jung/Brose in: Eichenhofer, SGB VII, 2. Auflage, 2019, § 8 Rn. 86). Die Maßstäbe der Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachung reichen nicht aus. Zwar verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, die ohnehin so gut wie nie zu erreichen ist (Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Auflage 2020, § 128 Rn. 3b). So kann es, wenn der genaue Unfallhergang nicht bewiesen ist, ausreichen, wenn sonst nachgewiesene Umstände überwiegend auf einen Versicherungsfall hinweisen und die ernsthafte Möglichkeit anderer Geschehensabläufe ausgeschlossen erscheint (BSG, Urteil vom 31. Mai 1996 – 2 RU 24/95 – juris Rn. 26; Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: 93. EL, 1. März 2017, SGB VII, § 8 Rn. 262). Eine versicherte Tätigkeit ist aber zu verneinen, wenn auch andere nicht versicherte Geschehensabläufe ebenso ernsthaft in Betracht kommen (BSG, a.a.O.). Die Beweislast für das Vorliegen der den Arbeitsunfall begründenden Umstände als anspruchsbegründende Tatsachen trägt dabei der Versicherte unabhängig von den Umständen, die gegebenenfalls zur Beweislosigkeit führen. Im konkreten Fall bestehende Beweisschwierigkeiten sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) durch das Gericht zu berücksichtigen (stRspr.; zuletzt BSG, Urteil vom 6. Oktober 2020 – B 2 U 9/19 R – juris Rn. 26; auch BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 – B 2 U 18/98 R – juris Rn. 27; Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 25/03 R – juris Rn. 17; Urteil vom 2. November 1999 – B 2 U 42/98 R – juris, Rn.20; Urteil vom 18. April 2000 – B 2 U 7/99 R – juris Rn. 29; Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 110. EL Juli 2020, § 8 SGB VII Rn. 270; Jung/Brose in: Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, SGB VII, 2. Auflage, 2019, § 8 Rn. 93). Ist der Sachverhalt letztlich nicht endgültig aufklärbar, führen aber sämtliche in Betracht kommenden Tatbestandsvarianten dazu, dass dabei Unfallversicherungsschutz bestand, ist der Klageanspruch im Wege der Wahlfeststellung begründet (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 23/99 R – juris Rn. 22 m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze konnte der Senat sich auch bei Berücksichtigung aller Umstände nicht die volle Überzeugung davon bilden, dass die Klägerin sich die EHEC-Infektion nur bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen haben kann. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich die Infektion auch im privaten Umfeld der Klägerin, nach Feierabend, ereignet haben kann, oder ob, wofür einiges spricht, davon auszugehen ist, dass die Klägerin sich im – im weiteren Sinne – beruflichen Umfeld (einschließlich der Betriebskantine) mit dem Erreger infizierte. Denn auch im erweiterten beruflichen Umfeld kommen versicherte wie nicht versicherte Tätigkeiten gleichermaßen in Betracht, bei denen die Klägerin sich mit dem Bakterium infiziert haben könnte.

Dabei erachtet der Senat eine (Primär-)Infektion der Klägerin in der Kantine zumindest als einen ernsthaft möglichen Geschehensablauf. Für eine solche Primärinfektion sprechen insbesondere die von der Task-Force EHEC und vom RKI veröffentlichten Erkenntnisse über die statistische Verteilung der Inkubationszeiten und das konkrete Infektionsgeschehen bei dem Arbeitgeber der Klägerin. Infizierte Sprossen tauchten in der Kantine von D. erstmals am Montag, den 2. Mai 2011 auf. Die Klägerin erkrankte sieben Tage später, am 9. Mai 2011. Angesichts der kürzesten beobachtbaren Inkubationszeit von zwei Tagen (vgl. S. 13 des RKI-Abschlussberichts: 4,3 % der ausgewerteten Krankheitsfälle) könnte die Klägerin sich im Wege der Schmier- bzw. Sekundärinfektion damit frühestens am Mittwoch, den 4. Mai 2011 und spätestens am Freitag, den 6. Mai 2011 mit dem Erreger infiziert haben, was wiederum (bei ihr) zu einer möglichen Inkubationszeit von drei bis fünf Tagen führte. Auf einen entsprechenden Zeitraum (drei bis fünf Tage) zwischen Infektion und Krankheitsausbruch entfielen 18 % der ausgewerteten Krankheitsfälle. Die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens der beiden dargestellten Inzidenzen liegt rechnerisch bei nur 0,8 %. Hinzu kommt, dass bezogen auf das Cluster xx1 kein einziger Krankheitsausbruch vor dem 9. Mai 2011 gemeldet wurde. Das schließt zwar ein – nicht gemeldetes – früheres Krankheitsgeschehen bei einem Kollegen oder einer Kollegin der Klägerin nicht grundsätzlich aus, hat die Klägerin doch angegeben, dass es auch erkrankte Kollegen gegeben habe, die sich nicht hätten untersuchen lassen. Ein positiver Beleg für eine entsprechend frühe Infektionsquelle in den Büroräumen von D. liegt aber nicht vor. Die Wahrscheinlichkeit einer Primärinfektion der Klägerin in der Kantine an einem der fünf ihrer Erkrankung vorausgegangenen Arbeitstage, an denen die kontaminierten Sprossen dort ausgegeben wurden, lag demgegenüber – nur die statistische Verteilung der Inkubationszeiten zugrunde gelegt – zwischen 4,3 und 8,7 %, also dem gut Fünf- bis beinahe Elffachen, wobei eine Infektion an dem der Erkrankung vorgehenden Mittwoch, an dem die Klägerin Salat bestellt hatte, angesichts der vom RKI ausgewerteten Daten wohl am größten war. Das RKI führte jedenfalls 20 der 23 der im Cluster xx1 in Bezug auf die mögliche Infektionsquelle ausgewerteten Infektionsfälle auf den Genuss von Salat zurück. Die Klägerin hatte außerdem ausweislich ihres elektronischen Kantinenausweises an allen Tagen der Woche in der Kantine gegessen, so dass sie auch an allen Tagen potentiellen Kontakt mit den dortigen Infektionsquellen hatte, die sich – selbst bei Einhaltung aller Hygienevorschriften – nicht auf die Sprossen selbst beschränkten, sondern über kontaminierte Küchengeräte, Wasser oder Hände auch andere Lebensmittel erreicht haben konnten. Insofern ist eine Infektion im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auch nicht deshalb auszuschließen, weil die Klägerin angegeben hat, Sprossen nicht zu mögen und sie diese darum – wenn dazu befragt – als Topping ihrer Meinung nach abgelehnt hätte. Eine sichere Erinnerung hat sie hieran heute, mehr als neun Jahre nach dem Infektionsgeschehen, auch nach eigenem Bekunden ohnedies nicht mehr. Dasselbe gilt für die von der Klägerin aufgeworfene Möglichkeit, dass sie ihren Kantinenausweis in der fraglichen Woche auch einmal verliehen und also nicht selbst in der Kantine gegessen haben könnte. Diese Möglichkeit besteht nach ihrer Schilderung theoretisch, auch insofern kann die Klägerin aber selbst keine konkrete Erinnerung mehr benennen.

Bei der Nahrungsaufnahme in der Kantine ihres Arbeitgebers handelte es sich jedoch, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, nicht um eine versicherte, sondern um eine privatnützige Verrichtung, für die kein Unfallversicherungsschutz bestand.

Zu den privatnützigen Verrichtungen gehören prinzipiell alle Tätigkeiten, die jeder Mensch unabhängig von der versicherten Tätigkeit ausübt, wie Ruhen, Schlafen, Schwimmen, Einkaufen, aber auch Essen, Trinken und Rauchen (nur BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 – 2 R U 5/89 – juris Rn. 13; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – juris Rn. 20). Insbesondere die Nahrungsaufnahme wird in der Rechtsprechung seit jeher grundsätzlich dem privaten, unversicherten Lebensbereich zugeordnet, wenn sie nicht aufgrund der besonderen Umstände der versicherten Tätigkeit ausnahmsweise unmittelbar Teil derselben ist (HLSG, Urteil vom 24. März 2015 – L 3 U 225/10 – juris Rn. 21; Wagner, in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage, § 8 Rn. 64 [Stand: 22. März 2021]). Sicherlich haben auch Unternehmen ein Interesse daran, dass Pausen zur Einnahme von Essen genutzt werden, um die Leistungsfähigkeit der Versicherten zu erhalten. Dieses Interesse genügt jedoch nicht, um eine versicherte Tätigkeit zu begründen (BSG, Urteil vom 29. Januar 1960 – 2 RU 265/56 – juris Rn. 20; Urteil vom 24. Februar 2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 19; Urteil vom 18. November 2008 – B 2 U 31/07 R – juris Rn. 16). Im Vordergrund steht vielmehr, dass ein Grundbedürfnis auf Essen und Trinken gestillt wird, das ein jeder Mensch unabhängig davon hat, ob er einer versicherten Tätigkeit nachgeht oder nicht und hinter das das betriebliche Interesse an der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers regelmäßig zurücktritt (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 6/02 R – juris Rn. 17; Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 19; Wagner, a.a.O.). Hieran ändert sich nichts dadurch, dass das Essen und Trinken in einer Betriebskantine angeboten wird, selbst wenn der Arbeitgeber – wie im Falle der Klägerin – hierbei einen Kostenzuschuss gewährt (BSG, Urteil vom 24. Februar 2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 19, 21; Urteil vom 26. April 1973 – 2 RU 213/71 – juris Rn. 19).

Soweit in der Rechtsprechung zur Nahrungsaufnahme als privatnützige Tätigkeit Ausnahmen anerkannt werden, in denen betriebliche Interessen die Nahrungsaufnahme wesentlich beeinflussen und dadurch den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit begründen, sind diese – wie das Sozialgericht wiederum zutreffend ausgeführt hat – vorliegend nicht einschlägig. Solche Ausnahmen sind nur anerkannt, wenn Umstände aus dem versicherten Risikobereich wesentlich zum Unfall beitragen. Es kommt darauf an, dass betriebliche Umstände im Einzelfall über das normale, allgemein übliche Maß hinaus so stark sind, dass die Essenseinnahme oder das Trinken im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen (HLSG, Urteil vom 13. Oktober 2004 – L 3 U 320/03 – juris Rn. 23). Versicherungsschutz wurde danach angenommen, wenn die versicherte Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl verursachte, das ohne die betriebliche Tätigkeit gar nicht oder doch erst später aufgetreten wäre und die Nahrungsaufnahme sich deswegen abweichend von dem normalen Ess- und Trinkverhalten des Versicherten so abgespielt hat, dass eine Zuordnung zu der betrieblichen Tätigkeit objektiv nachvollziehbar ist bzw. abweichend von den normalen Ess- und Trinkgewohnheiten während einer sonstigen betrieblichen Tätigkeit erforderlich war (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002   B 2 U 6/02 R – juris Rn. 18; Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 5/04 R – juris Rn. 22; vgl. auch HLSG, Urteil vom 13. Oktober 2004, a.a.O., juris Rn. 23). Versicherungsschutz ist ferner bejaht worden, wenn Versicherte ihre Mahlzeit infolge betrieblicher Zwänge in besonderer Hast zu sich nehmen mussten (BSG, Urteil vom 7. März 1969 – 2 RU 264/66 – juris Rn. 26; Urteil vom 30. September 1964 – 2 RU 197/63 – juris Rn. 11; Urteil vom 31. Oktober 1968 – 2 RU 173/66 – juris Rn. 14). Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ist darüber hinaus angenommen worden, wenn betriebliche Zwänge den Versicherten veranlassten, seine Mahlzeit an einem besonderen Ort oder in besonderer Form einzunehmen, wenn die Umstände der Nahrungsaufnahme somit durch die versicherte Tätigkeit maßgebend geprägt waren. Das betraf etwa den Fall von Fernfahrern, welche den Lastzug nicht unbeaufsichtigt stehen lassen wollten, beim Grillen auf dem Rastplatz (BSG, Urteil vom 29. Oktober 1986 – 2 RU 7/86 – juris Rn. 13 f.), oder eine Kurteilnehmerin, die ihre Mahlzeit in der Kantine des Sanatoriums einnahm, sofern die Essenseinnahme dort angeordnet oder wenigstens dem Kurerfolg dienlich war (BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 – 2 RU 61/89 – juris Rn. 17). Schließlich hat das Bundessozialgericht den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung während der Nahrungsaufnahme bejaht, wenn besondere betriebliche Umstände den Versicherten zwar nicht zwangen, aber wenigstens veranlassten, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort, etwa in einer Werks- oder Schulkantine einzunehmen, wenn also betriebliche Umstände die Einnahme des Essens in der Kantine wesentlich mitbestimmten (BSG, Urteil vom 24. Februar 2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 19; Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 6/02 R – Juris Rn. 17). Als besonderen Anlass zur Benutzung einer Werkskantine hat das Bundessozialgericht zum Beispiel die Fälle erwogen, dass der Besuch einer nahegelegenen Gaststätte dem Versicherten nach seiner Besoldung und seinen Spesensätzen wegen der dortigen höheren Preise unzumutbar gewesen wäre, dass der Versicherte möglicherweise auch ortsfremd gewesen und ihm deshalb die Lage von Speiselokalen unbekannt gewesen sei oder dass der Versicherte im Interesse seiner Tätigkeit als Betriebsprüfer darauf angewiesen gewesen sei, eine nähere persönliche Verbindung zu gewissen Bediensteten des zu prüfenden Unternehmens während der Mahlzeit herzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 – 2 RU 132/59 – Juris Rn. 6; Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O.). Jedenfalls als Indiz für den inneren Zusammenhang spricht auch, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern das Essen in der Kantine kostenfrei und zusätzlich zur für die Arbeitsleistung geschuldeten Vergütung (also nicht als Teil der Vergütung in Form der Naturalvergütung) zur Verfügung stellt (BSG, Urteil vom 24. Februar 2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 21).

Gemessen an diesen Maßstäben vermag der Senat sich – auch insoweit dem Sozialgericht folgend – nicht der Argumentation der Klägerin anschließen, dass sich ein Versicherungsfall bereits daraus ergebe, dass sie aufgrund betrieblicher Zwänge zur Hast und darum zur Aufnahme des Essens im Kasino ihres Arbeitgebers gezwungen gewesen wäre. Aufgrund der von der Klägerin selbst vorgetragenen regelmäßigen Einbindung in Projekte und dem damit verbundenen Zeitdruck ist es sicherlich nachvollziehbar, dass der Besuch in der Kantine nahelag. Die zeitliche Begrenzung ihrer Mittagspause lag insofern auch im betrieblichen Interesse. Allerdings fehlt es an dem Nachweis, dass die betrieblichen Umstände die Einnahme des Mittagessens in der Kantine so wesentlich mitbestimmt haben, dass damit eine ausnahmsweise Zurechnung der Nahrungsaufnahme zur versicherten Tätigkeit der Klägerin zu begründen wäre. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass die Klägerin in Zeitdruck gewesen und deswegen zum Essen in die Kantine gegangen sei, sie nicht von allen anderen Arbeitnehmern unterscheide, die ebenfalls, der Kürze von Mittagspausen geschuldet, eine Kantine aufsuchen. Die Beklagte verweist damit, worauf auch das Sozialgericht schon hingewiesen hat, auf einen wesentlichen Punkt: Es bedarf einer klaren Grenzziehung zwischen versicherten und unversicherten Verrichtungen (vgl. Wagner in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage, § 8 Rn. 65 [Stand: 22. März 2021]), wobei die versicherte Nahrungsaufnahme im Grundsatz die Ausnahme darstellt. Das BSG fordert vor diesem Hintergrund zutreffend, dass die Nahrungsaufnahme sich im Versicherungsfall bedingt durch die besonderen betrieblichen Umstände abweichend von den normalen Ess- und Trinkgewohnheiten darstellen muss. Dieser Nachweis kann vorliegend nicht erbracht werden. Vielmehr bestätigen die wiederholten Darstellungen der Arbeitsabläufe der Klägerin den Eindruck, dass der Zeitdruck und die hohe Arbeitsbelastung wesentliche Charakteristika der versicherten Tätigkeit der Klägerin waren. Das Aufsuchen der Kantine ist damit immer naheliegend gewesen. Entsprechend hat die Klägerin auch – jedenfalls wenn die Buchungen auf ihrer Chipkarte auf ihre eigenen Bestellungen zurückgehen – an allen Tagen der Woche des Infektionsgeschehens in der Kantine gegessen. Warum aber gerade in dieser Woche, abweichend von sonstigen Zeiten, das Aufsuchen der Kantine an allen Tagen zwingend gewesen sein sollte, ist vor dem Hintergrund der dauerhaft unter hohem Zeit- und Arbeitsdruck arbeitenden Klägerin nicht ersichtlich und von ihr auch nicht schlüssig dargelegt worden. Allein der offenbar dauerhaft oder zumindest regelmäßig bestehende Arbeitsdruck, der eine Beschränkung der Mittagspause nahelegt, begründet für sich genommen keinen betrieblichen Umstand, der die Nahrungsaufnahme in der Kantine – im Gegensatz zum Essen außer Haus – zu einer der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung machen würde.

Im Übrigen sind die betrieblichen Umstände nach der weiteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit Blick auf das Zeitmoment nur dann rechtlich wesentlich, wenn das Aufsuchen eines anderen Speiselokals (oder eines Geschäfts mit entsprechendem Mitnahmeangebot) mit einem nennenswert höheren Zeitaufwand verbunden gewesen wäre, insbesondere weil sich in der Nähe der Geschäftsräume des Arbeitsgebers keine entsprechenden Gaststätten bzw. Geschäfte befinden (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 – 2 RU 132/59 – juris Rn. 19). Auch dies ist nicht ersichtlich. Die Klägerin, die seit 1998 bei D. beschäftigt ist, hat sich nicht an einer unbekannten, neuen Arbeitsstätte aufgehalten. In fußläufiger Nähe zur Arbeitsstätte der Klägerin und damit ohne nennenswerten höheren Zeitaufwand sind aber – wie auch dem Senat bekannt ist und der Klägerin bekannt gewesen sein muss – eine Vielzahl von Möglichkeiten vorhanden, Mahlzeiten einzunehmen bzw. sich Mahlzeiten zu besorgen. Dass es gerade in der Woche des Infektionsgeschehens – abweichend von den übrigen Zeiten – auf die geringfügige zeitliche Ersparnis bei einem Besuch der Kantine angekommen wäre, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin nach ihrer Darstellung am 9. Mai 2011 kurzfristig telefonisch oder durch E-Mail erreichbar sein musste, gebietet keine andere Sicht der Dinge. Abgesehen davon, dass das mögliche Infektionsgeschehen nicht auf diesen Tag eingegrenzt werden kann, hätte sie auch in einem nahegelegenen Restaurant mobil erreicht werden können. Zudem musste sie auch zum Aufsuchen der Kantine ihres Arbeitgebers ihren festen Arbeitsplatz verlassen. Schließlich führt auch die Vertraulichkeit der Gespräche nicht zu einer abweichenden Einschätzung. Gerade um die Vertraulichkeit der Projekte zu wahren, hätte sie sowohl in öffentlichen Lokalitäten als auch in der Kantine einen gegebenenfalls etwas abgeschotteten Bereich zum Telefonieren aufsuchen müssen. Schließlich ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass die Klägerin auch einen Bringdienst bemühen oder sich – bei der bekannten hohen Arbeitsbelastung – ein Mittagessen von zu Hause hätte mitbringen können. Eine alle anderen Möglichkeiten ausschließende Notwendigkeit, das Essen gerade in der Kantine aufzunehmen, ergibt sich jedenfalls nicht.

Neben der Möglichkeit einer (nicht versicherten) Infektion der Klägerin in der Kantine ihres Arbeitgebers besteht vorliegend auch die Möglichkeit, dass die Klägerin sich, wie von ihr in der Berufungsinstanz geltend gemacht, im Wege einer Sekundärinfektion in ihrem näheren Büroumfeld infizierte. Denn auch wenn die allgemeinen epidemiologischen Erkenntnisse zu den Inkubationszeiten eher gegen eine solche Sekundärinfektion sprechen, ist diese doch – wie bereits gezeigt – nicht gänzlich ausgeschlossen. Als mögliche Infektionsquellen kommen nach den Ausführungen der Klägerin insbesondere ihr eigener Arbeitsplatz, der Kopierraum, die Toiletten, die Teeküche und überhaupt die Türklinken im gesamten Arbeitsbereich in Betracht.

Auch bei Annahme einer Infektion der Klägerin in ihrem näheren Arbeitsumfeld sind damit aber sowohl versicherte als auch nicht versicherte Geschehensabläufe gleichermaßen denkbar.

Zu den versicherten Verrichtungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist zunächst die berufliche Tätigkeit der Klägerin an ihrem eigenen Arbeitsplatz zu zählen, den sie nach ihren Angaben im Erörterungstermin gelegentlich auch anderen Kollegen und Kolleginnen zur Benutzung überlässt, so dass eine Infektion an diesem Ort nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Versichert ist außerdem der durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin veranlasste Aufenthalt in den sonstigen Büroräumen, in Besprechungsräumen oder im Kopierraum. Gleiches gilt für die von der Klägerin zurückgelegten Wege zu und von diesen Räumlichkeiten, so dass sich etwa eine an einer von ihr zu betätigenden Türklinke erfolgte Schmierinfektion als Versicherungsfall darstellte. Anders als die Nahrungsaufnahme selbst sind auch die zum Zwecke der Einnahme oder Versorgung mit Nahrungsmitteln zurückgelegten Wege im Betrieb, das heißt insbesondere die Wege zu und von der Kantine oder der von der Klägerin genutzten Teeküche, versichert (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R – juris Rn. 30 m.w.N.). Gleiches gilt für die Wege zur Toilette (BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R – juris Rn. 17).

Demgegenüber gehören ebenso wenig wie die Nahrungsaufnahme selbst die mit dieser verbundenen Nebenverrichtungen wie etwa das Aufschneiden von Lebensmitteln, die Reinigung des Essgeschirrs oder das Kochen von Kaffee zu den versicherten Tätigkeiten (nur Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 06/18, § 8 Rn. 89d; Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: 111. EL, 09/ 2017, § 8 SGB VII Rn. 72). Wenn die Klägerin sich also in der Teeküche infiziert haben sollte, etwa als sie dort Kaffee kochte oder – was sie nach ihren Angaben häufiger tat – sich mit kalten Getränken versorgte, wäre Unfallversicherungsschutz nicht gegeben. Ebenfalls als klassische privatnützige Handlung wird die Verrichtung der Notdurft selbst beurteilt (BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 – 2 RU 5/89 – juris Rn. 13; stRspr.). Eine auf der Toilette erlittene Infektion – die unter epidemiologischen Gesichtspunkten nicht einmal unwahrscheinlich ist   würde mithin regelmäßig keinen Versicherungstatbestand darstellen. Die Möglichkeit einer Infektion bei einer privatwirtschaftlichen und damit grundsätzlich nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung kann damit auch im Zusammenhang mit den Verrichtungen der Klägerin in ihrem näheren Büroumfeld nicht ernsthaft ausgeschlossen werden.

Der Klägerin kann mit Blick auf die dargelegten verschiedenen Infektionsmöglichkeiten nicht darin gefolgt werden, dass es vorliegend nicht darauf ankomme, bei welcher konkreten Verrichtung sie sich infizierte, weil ein Arbeitsunfall in allen Fällen unter dem Aspekt der „besonderen Betriebsgefahr“ zu bejahen sei. Ein Fall der „besonderen Betriebsgefahr“ ist hier nicht gegeben.

Nach dem Grundsatz der „besonderen Betriebsgefahr“ erleidet ein Versicherter unabhängig von der zur Zeit des Unfalls konkret durch ihn ausgeübten Verrichtung und der dieser Verrichtung zugrundeliegenden Handlungstendenz einen Arbeitsunfall, wenn der Unfall durch eine spezifische Gefahr verursacht wurde, die der versicherten Tätigkeit aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu dieser Gefahr zuzurechnen ist (BSG, Urteil vom 18. November 2008 – B 2 U 31/07 R – juris Rn. 24; Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 06/18, § 8 Rn. 45).  Die Annahme eines Arbeitsunfalls kommt dabei in Betracht, wenn eine besondere Betriebsgefahr auf den mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit befassten Versicherten im räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes einwirkt (z. B. Explosion in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes während einer dort ausgeübten privaten Verrichtung, vgl. BSG, Urteil vom 22. Januar 1976 – 2 RU 101/75 – juris Rn. 21; auch BSG, Urteil vom18. November 2008 – B 2 U 27/07 R – juris Rn. 25; Urteil vom 12. Mai 2009   B 2 U 12/08 R – juris Rn. 30), ohne dass diese private Verrichtung wesentlich zur Bedrohung durch die zum Unfall führende Betriebsgefahr beigetragen hat (etwa BSG, Urteil vom 19. Januar 1995 – 2 RU 3/94 – juris Rn. 24; Urteil vom 12. Mai 2009 – B 2 U 12/08 – juris Rn. 30 f.; HLSG, Urteil vom 17. September 2013 – L 3 U 33/11 – juris Rn. 21). Es muss sich um eine gerade mit den betrieblichen Abläufen und der Betriebsstätte unmittelbar zusammenhängende, typische Gefahr handeln (BSG, Urteil vom 18. November 2008 – B 2 U 27/07 R – juris Rn. 25; Urteil vom 30. Juni 1999 – B 2 U 28/98 – juris Rn. 20). Nicht ausreichend ist es, wenn sich eine nicht betriebsspezifische Gefahr nur gewissermaßen zufällig in den Betriebsräumen oder während der Arbeitszeit realisiert. Im Übrigen gilt auch hier der Grundsatz der Wahlfeststellung. Lässt sich, wie im vorliegenden Fall, nicht aufklären, welche von mehreren teils versicherten, teils nicht versicherten Verrichtungen zu dem Unfall geführt hat, kommt die Annahme eines Arbeitsunfalls nur in Betracht, wenn nach dem Grundsatz der besonderen Betriebsgefahr nicht nur einzelne, sondern alle denkbaren privaten Verrichtungen unter den Versicherungsschutz fallen würden.

Vorliegend ist der Senat – im Ergebnis auch hier wie das Sozialgericht – zu der Auffassung gelangt, dass weder das Vorhandensein von EHEC-Erregern im Essen noch die darauf beruhende stärkere Durchseuchung der Belegschaft bei dem Arbeitgeber der Klägerin eine besondere Betriebsgefahr begründeten, die die Annahme eines Arbeitsunfalls unabhängig von der im Unfallzeitpunkt ausgeübten Verrichtung der Klägerin rechtfertigen könnte. Denn es hat sich hierbei keine gerade mit den betrieblichen Abläufen oder der Betriebsstätte unmittelbar zusammenhängende, typische Gefahr realisiert. Besondere betriebstypische Gefahren dürften bezogen auf den Arbeitgeber der Klägerin ohnedies eher begrenzt sein. Zu denken wäre etwa an Gefahren, die von der Gebäudetechnik ausgehen, wenn etwa durch objektiv gefährliche Betriebseinrichtungen der Unfall wesentlich mitverursacht wurde (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 1976 – 8 RU 146/75 – Drehtür der Kantine). Das Bundessozialgericht hat das Vorliegen einer besonderen Betriebsgefahr aber auch für den Fall erwogen (wenn auch letztlich offengelassen), dass ein Beschäftigter durch die von seinem Arbeitgeber gelieferte und zur Verfügung gestellte Verpflegung eine Gesundheitsstörung erleidet, weil es sich um verdorbene oder infizierte Lebensmittel handelt (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 1968 – 2 RU 173/66 – juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 – B 2 U 14/98 R – juris Rn. 22). Ein solcher Fall einer betriebsbedingten Gefahr mag insbesondere denkbar sein, wenn die besonderen betrieblichen Umstände eine Verpflegung durch den Arbeitgeber erforderlich machen oder zumindest in besonderem Maße nahelegen, wie dies beispielsweise bei der Ausrüstung eines Expeditionsteams mit den für die Reise erforderlichen Nahrungsmitteln der Fall sein könnte. Eine solche Konstellation ist hier aber nicht gegeben. Das folgt schon daraus, dass das Anbieten von Essen und die Gefahr, dass dieses verseucht sein könnte, hier jedenfalls nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Betriebsabläufen des Arbeitgebers stehen, sondern ausschließlich dem Gefahrenbereich des von einem Dritten – der E. Services GmbH – geführten Kasinobetriebs zuzuordnen sind. Diese mag zwar in vertraglichen Beziehungen zur D. GmbH stehen, wofür etwa die von der Klägerin angesprochene Subventionierung des Essens der Mitarbeiter spricht. Die Organisation des Kantinenbetriebs einschließlich der Beschaffung und Verarbeitung der verwendeten Lebensmittel liegt aber in der Organisation der E. Services GmbH und ist Teil ihrer ureigenen geschäftlichen Tätigkeit und damit ihrem Betrieb zugeordnet. Allein dadurch, dass die D. GmbH für die Einrichtung eines solchen Betriebes Sorge getragen hat und das dort zu erwerbende Essen subventioniert, hat sie keine ihrem eigenen Betrieb zuzurechnende besondere, typische Betriebsgefahr eröffnet. Hinzu kommt, dass die Nahrungsaufnahme, auch wenn sie in der Arbeitspause und in einer Betriebskantine stattfindet (selbst wenn diese von dem Arbeitgeber selbst betrieben würde), privatwirtschaftliche Verrichtung ist und bleibt. Die Einrichtung und Nutzung einer solchen Kantine erfolgen nur mit Blick auf diesen grundsätzlich privatwirtschaftlichen Zweck. Bei einer Infektion in der Kantine trägt die private Verrichtung mithin wesentlich, im Grunde sogar zwingend zur Realisierung der zum Unfall führenden Gefahr bei. Dem Gedanken des aus einer besonderen Betriebsgefahr folgenden Versicherungsschutzes steht es aber, wie dargelegt, entgegen, wenn eine private Verrichtung wesentlich für die Realisierung der Gefahr war, der Beschäftigte also etwa erst durch diese private Tätigkeit auf betriebliche Einrichtungen und daraus möglicherweise resultierende besondere Gefahren stößt (BSG, Urteil vom 19. Januar 1995 – 2 RU 3/94 – juris Rn. 24). Aus der Einrichtung einer Betriebskantine, deren Besuch für die Beschäftigten freiwillig und keinesfalls zwingend ist, auf die Eröffnung einer besonderen Betriebsgefahr zu schließen, würde die diesem Rechtsgedanken zugrundeliegenden Grundsätze konterkarieren.

Auch bei einer (Sekundär-)Infektion der Klägerin im Bereich der Büroräume handelte es sich im Übrigen nicht um die Realisierung einer typischen mit dem Betrieb eines Beratungsunternehmens bzw. der Nutzung von Büroflächen verbundenen und damit betrieblich veranlassten Gefahr. Die Gefahr, sich mit dem EHEC-Erreger zu infizieren, bestand vielmehr allgemein, deutschlandweit in allen Lokalitäten, die die kontaminierten Sprossensamen des Bockshornklees eingekauft und ihren Kunden angeboten hatten, sowie überall dort, wo sich Infizierte mit den entsprechenden Krankheitssymptomen aufhielten und den Erreger verbreiteten. Im Falle der Infektion der Klägerin in den Räumen des Arbeitgebers hätte sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko bzw. eine sog. allgemein wirkende Gefahr (vgl. Wagner in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage, § 8 Rn. 117 [Stand: 26. Mai 2020]), nicht aber ein besonderes betriebliches Risiko realisiert. Dass die statistische Wahrscheinlichkeit einer Infektion in den Büroräumen der D. GmbH in A-Stadt dabei höher war als außerhalb der Firma, weil sich hier viele Mitarbeiter infiziert hatten und nicht auszuschließen ist, dass diese auch noch nach Ausbruch der Krankheit ins Büro kamen und den Erreger verbreiteten, ändert nichts an dieser Bewertung. Denn insofern gilt nichts anderes als an jedem anderen Ausbruchsort des Infektionsgeschehens.

Soweit die Klägerin schließlich auf Parallelen zu den Grundsätzen abstellt, die der Verordnungsgeber im Zusammenhang mit der besonderen Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes mit bestimmten Infektionskrankheiten bei Berufskrankheiten entwickelt hat (dazu etwa BSG, Urteil vom 15. September 2011 – B 2 U 22/10 R – juris Rn. 16 ff.), sind diese, wie auch schon das Sozialgericht festgestellt hat, vorliegend nicht übertragbar. Die sich bei Infektionskrankheiten stellende Schwierigkeit, dass für die Infektion meistens verschiedene Infektionsquellen und Übertragungswege in Betracht kommen, ohne dass sich feststellen lässt, bei welcher Gelegenheit es tatsächlich zu der Ansteckung gekommen ist, hat der Verordnungsgeber dadurch Rechnung getragen, das er Infektionskrankheiten in bestimmten versicherten Tätigkeiten mit einer gerade diesen Tätigkeiten eigenen besonders erhöhter Gefährdungslage als Berufskrankheit (BK 3101 der Anlage zur BKV) anerkannt hat. Insoweit gelten für die Anerkennung einer gelisteten Berufskrankheit Beweiserleichterungen. Diese Beweiserleichterung im Fall einer nachgewiesenen Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes kann aber mangels planwidriger Regelungslücke auf den Versicherungsfall eines Arbeitsunfalls nicht entsprechend angewandt werden (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 29/07 R – juris Rn. 20). Selbst wenn am Arbeitsplatz der Klägerin eine gegenüber der Gesamtbevölkerung signifikant höhere Durchseuchung mit dem EHEC-Erreger bestand, führt dies darum nicht dazu, dass auf den konkreten Nachweis einer versicherten Tätigkeit im Unfallzeitpunkt verzichtet werden kann. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Fragen der Beweiserleichterung hinsichtlich der Ausübung einer versicherten Tätigkeit im Unfallzeitpunkt (d.h. im Moment der Infektion) vorliegend schon deshalb nicht entscheidungserheblich werden können, weil dies allenfalls die Möglichkeit der Infektion in den Büroräumen betreffen würde; bei der ebenfalls möglichen Infektion in der Kantine spielen Fragen der Beweiserleichterung demgegenüber keine Rolle, da die Klägerin bei der Essenseinnahme sicher keiner versicherten Tätigkeit nachging (dazu oben). Die – allein mögliche – Annahme des Vorliegens eines Arbeitsunfalls im Wege der Wahlfeststellung scheiterte damit selbst bei Anwendung der zu den Berufskrankheiten entwickelten Grundsätze auch an diesem Punkt.

Nur ergänzend ist schließlich darauf hinzuweisen, dass sich vorliegend auch aus der von der Klägerin bemühten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 7. Mai 2019 (B 2 U 34/17 R; Infizierung eines Säuglings im Brutkasten) nichts anderes ergibt. Denn in dem dort entschiedenen Fall hatte der versicherte Säugling im gesamten möglichen Infektionszeitraum fortlaufend als versicherte Tätigkeit Krankenbehandlung entgegengenommen, ohne dass eine Unterbrechung durch eine private, nicht versicherte Verrichtung denkbar war. Fragen der Beweiserleichterung im Hinblick auf die Feststellung einer unfallverursachenden versicherten Tätigkeit stellten sich dort damit ebenso wenig wie Fragen der Erweiterung des Versicherungsschutzes aufgrund einer besonderen Betriebsgefahr.

Angesichts des Vorstehenden ist der Senat – wie auch schon das Sozialgericht – weder der Anregung der Klägerin gefolgt, weiteren Beweis durch die Einholung eines Gutachtens durch Prof. Dr. A. bzw. Priv. Doz. Dr. F. nach § 106 SGG zu erheben, noch gibt er dem unter Berufung auf § 109 SGG gestellten Antrag der Klägerin statt, ein entsprechendes medizinisches Zusammenhangsgutachten bei Prof. Dr. A. einzuholen und diesem dabei aufzugeben, Dr. F. mit einem epidemiologischen Zusatzgutachten zu beauftragen. Ungeachtet dessen, dass Prof. Dr. A. angekündigt hat, kein Gutachten ohne eine zusätzliche Begutachtung durch Dr. F. zu erstellen, der selbst kein Arzt im Sinne des § 109 SGG ist (zur Beschränkung des § 109 SGG auf ärztliche Gutachten nur HLSG, Urteil vom 25. März 2014 – L 3 U 14/12 – juris Rn. 87), ist nicht nachvollziehbar, was die Klägerin beabsichtigt mit einem solchen Gutachten nachzuweisen, was nicht schon als erwiesen anzunehmen oder aber nicht mehr entscheidungsrelevant ist (zur Ablehnung des Antrags nach § 109 SGG unter diesen Gesichtspunkten Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Auflage, 2020, § 109 Rn. 5, 10a; HLSG, Urteil vom 25. Juli 2017 – L 3 U 22/11 – juris Rn. 67). Medizinischer Ermittlungsbedarf ist nicht erkennbar. Dass die Klägerin an einer EHEC-Infektion erkrankt war, ist unstreitig. Dem Senat erschließt sich insofern nicht, inwiefern ein medizinisches Gutachten zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beitragen könnte. Auch können weder Prof. Dr. A. noch Dr. F. konkret nachweisen, bei welcher Verrichtung sich die Klägerin mit dem EHEC-Erreger infizierte. Soweit die Klägerin beabsichtigt nachzuweisen, dass auch die gesamten Räumlichkeiten des Arbeitgebers aufgrund der schnellen Verbreitungswege mit dem EHEC-Erreger durchseucht gewesen seien, stellt der Senat gar nicht in Abrede, dass eine Mensch-zu-Mensch Übertragung des EHEC-Erregers möglich ist und im konkreten Fall auch eine (Sekundär-)Infektion der Klägerin in den Büroräumen als ernsthafte Möglichkeit in Betracht kommt. Im Übrigen kommt es hierauf nach Auffassung des Senats aber auch nicht an, weil – wie gezeigt – zugleich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Klägerin sich auch bei der nicht versicherten Essenseinnahme in der Kantine angesteckt haben könnte. Zudem kommen – wie gezeigt – auch bei einer Infektion in den Büroräumen versicherte wie nicht versicherten Geschehensabläufe gleichermaßen in Betracht. Für die Ablehnung eines Arbeitsunfalls reicht es jedoch aus, wenn überhaupt ein oder mehrere nicht versicherte Geschehensabläufe auch nur ernsthaft möglich sind. Auf die von der Klägerin bemühte, darüber hinausgehende Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen denkbaren Szenarien kommt es daneben ebenso wenig entscheidungserheblich an wie darauf, dass der Senat diese anders beurteilt als sie. Schließlich ist, wie festgestellt, weder von einer besonderen Betriebsgefahr auszugehen noch sind die im Zusammenhang mit den Berufskrankheiten entwickelten Grundsätze zur Durchseuchung des Arbeitsplatzes auf Arbeitsunfälle übertragbar, so dass sich auch hier weitere epidemiologische Erkenntnisse nicht mehr als entscheidungsrelevant erweisen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 SGG. Die Revision war insbesondere nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Das gilt auch im Hinblick auf die   höchstrichterlich noch nicht entschiedene – Frage, inwieweit ein Arbeitgeber durch das Betreiben einer Betriebskantine, gegebenenfalls auch über einen Dritten, eine Gefahrenquelle eröffnet, die sich im Fall der Ausgabe kontaminierten Essens als „besondere Betriebsgefahr“ realisieren und Versicherungsschutz begründen kann. Denn im Ergebnis ist diese Frage hier nicht entscheidungserheblich, da auch eine Infektion bei einer nichtversicherten Tätigkeit in den Büroräumen der Klägerin ernsthaft möglich und der Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls im Ergebnis bereits deswegen ausgeschlossen ist. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt aber nur bei Entscheidungserheblichkeit der zu klärenden Rechtsfrage in Betracht (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig, a.a.O., § 160 Rn. 9).

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