Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2025

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2025

Strengen Anforderungen an den Nachweis

 

Im zugrundeliegenden Fall war die Klägerin als Kauffrau in der Wohnungswirtschaft tätig und erkrankte im Januar 2022 an Covid-19. Sie machte geltend, sich ausschließlich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit infiziert zu haben, da sie im privaten Umfeld sämtliche Vorsichtsmaßnahmen eingehalten und Kontakte weitestgehend vermieden habe. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da ein konkreter Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person – einer sogenannten Indexperson – im beruflichen Umfeld nicht festgestellt werden konnte.

Das LSG Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und der Berufsgenossenschaft. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII ist für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls erforderlich, dass ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis während der versicherten Tätigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird. Im Falle einer Infektion bedeutet dies, dass der Kontakt zu einer infektiösen Person im Rahmen der versicherten Tätigkeit konkret belegt sein muss. Ein bloß erhöhtes Infektionsrisiko aufgrund der beruflichen Tätigkeit genügt nicht. Auch der Umstand, dass im privaten Bereich keine Infektionsquelle festgestellt werden konnte, reicht nicht aus, um den Vollbeweis für eine beruflich verursachte Infektion zu führen.

Das Gericht stellte klar, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls beim Versicherten liegt. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises finden bei Infektionskrankheiten wie Covid-19 keine Anwendung, da es an einem typischen Geschehensablauf fehlt, der eine solche Vermutung rechtfertigen könnte. Die bloße Wahrscheinlichkeit einer Infektion im beruflichen Kontext reicht nicht aus, solange ein konkretes Ansteckungsereignis nicht nachgewiesen werden kann.

Auch der Hilfsantrag auf Anerkennung der Infektion als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung blieb erfolglos, da hierzu kein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden war.

Die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg unterstreicht, dass die Hürden für die Anerkennung einer Covid-19-Infektion als Arbeitsunfall weiterhin hoch sind. Versicherte müssen den Nachweis eines konkreten Infektionsereignisses im Rahmen der versicherten Tätigkeit führen. Ein allgemeines berufsbedingtes Risiko oder die Abwesenheit privater Infektionsquellen reichen nicht aus. Die Rechtsprechung bleibt damit im Einklang mit den Vorgaben des Bundessozialgerichts und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Für Arbeitnehmer, die eine Anerkennung einer Infektion als Arbeitsunfall anstreben, empfiehlt sich eine sorgfältige Dokumentation aller relevanten Kontakte und Umstände im beruflichen Umfeld. Arbeitgeber und Versicherte sollten sich der strengen Anforderungen an den Nachweis bewusst sein.

 

Expertentipp

Wenn Sie mit einer Entscheidung einer Behörde oder einer Krankenkasse nicht einverstanden sind, so legen Sie zwingend Widerspruch ein. Nur so sichern Sie Ihre Rechtsposition.

Sie müssen den Widerspruch innerhalb eines Monats einlegen. Die Frist beginnt an dem Tag, an dem Ihnen der Bescheid zugestellt wurde.

Fehlt bei dem Bescheid die Rechtsbehelfsbelehrung oder ist diese unvollständig beziehungsweise unrichtig, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr.

Es ist Sorge dafür zu tragen, dass der Widerspruch fristgerecht bei der Behörde eingeht. Achten Sie darauf, dass Sie den Zugang bei der Behörde auch belegen können. Wenn Sie Ihren Widerspruch mit der Post schicken, sollten Sie dies per Einschreiben tun. Falls Sie Ihr Widerspruchsschreiben persönlich bei der Behörde abgeben, lassen Sie sich den Empfang quittieren. Bei einem zur Niederschrift der Behörde eingelegten Widerspruch lassen Sie sich eine Kopie der Niederschrift geben.

Ebenso sieht das Gesetz vor, dass Sie Ihren Widerspruch auch in elektronischer Form erheben können. Dies gilt aber nur, wenn die Ausgangsbehörde dafür einen Zugang eröffnet. Außerdem müssen Sie bei der Einlegung des Widerspruchs die speziellen Vorschriften über die elektronische Kommunikation mit Behörden beachten.

Eine einfache E-Mail genügt nicht der Schriftform!

Ein Muster für einen Widerspruch finden Sie in unserem Download-Bereich.

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