Arbeitsunfall, Wegeunfall. Der Gang zurück zum Pkw ist versichert.

Arbeitsunfall, Wegeunfall. Der Gang zurück zum Pkw ist versichert.

Bei geringfügiger Unterbrechung des direkten Weges besteht Versicherungsschutz

 

Was war geschehen?

Die Klägerin befand sich am 11.07.2018 auf dem Weg zur ihrer Arbeitsstätte. Sie fuhr zunächst mit ihrem Pkw und parke diesen dann in der unmittelbaren Nähe ihres Arbeitgebers. Sie stieg aus ihrem Pkw aus, um sich auf dem direkten Weg zu ihrer Arbeitsstätte zu begeben. Nach wenigen Schritten bemerket sie, dass sie vergessen hatte zu überprüfen, ob sie ihren Pkw richtig verschlossen hatte. Sie wollte deshalb umdrehen und überprüfen, ob die Türen ihres Pkws richtig verschlossen sind. Beim Umdrehen stolperte sie und zog sich Verletzungen am linken Schultergelenk zu.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid die Gewährung von Leitungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Dies mit der Begründung, dass das Unfallereignis nicht mehr im Zusammenhang mit den betrieblichen Tätigkeiten der Klägerin stünde. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Da die Beklagte diesen Widerspruch jedoch zurückwies und bei ihrer Meinung verblieb, erfolgte die Klage vor dem Sozialgericht Landshut.

Das Sozialgericht Landshut wies die Klage der Klägerin mit Urteil vom 28.11.2019 ab. In der Begründung des Urteils führte das Sozialgericht Landshut aus, dass sich die Klägerin nach Verlassen ihres Pkw mit der Handlungstendenz bewegt habe, ihre Arbeitsstätte auf direktem Weg zu erreichen. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz sei jedoch in dem Moment unterbrochen worden, in dem sich die Klägerin aus eigenwirtschaftlichen Gründen in Richtung ihres Pkw umgedreht habe, um zu prüfen, ob sie dessen Tür verschlossen habe. Etwas Anderes ergebe sich nicht aus § 14 Abs. 2 Satz 2 StVO, weil die Erfüllung straßenverkehrsrechtlicher Pflichten, welche nicht mit der Fortbewegung im Zusammenhang stünden, nicht dem Schutzbereich der GUV unterfielen. Ebenso läge keine den Versicherungsschutz unberührt lassende, lediglich geringfügige Unterbrechung des Weges vor. Eine Unterbrechung sei nämlich nur dann geringfügig, wenn sie auf einer Verrichtung beruhen würde, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach dem Ort der Tätigkeit anzusehen sei. Das widerum sei der Fall, wenn die Klägerin nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf das ursprünglich geplante Ziel führe, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung „ganz nebenher“ erledigt werden könne. Hieran fehle es, weil das geplante Handeln in seiner Gesamtheit gerade nicht „nur nebenbei“ habe erledigt werden können. Vielmehr sei der subjektive Wille der Klägerin zu prüfen, ob sie die Tür ihres Kfz verschlossen hatte, eine neue objektiv beobachtbare Handlungssequenz in Gang gesetzt, die sich auch äußerlich klar von dem versicherten Vorgang des Fußweges zur Arbeitsstätte abgrenzen lasse. Auch wenn der Zeitaufwand gering und die Distanz nur kurz gewesen sein mögen, so habe dennoch der Richtungswechsel in Richtung zum Pkw zu einer erheblichen und klar abgrenzbaren Zäsur geführt.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut legte die Klägerin Berufung bei dem Landessozialgericht Bayern ein. Dies gab der Klägerin in der II. Instanz Recht und hob das Urteil des Sozialgerichts Landshut auf.

Das LSG Bayern führt in seiner Entscheidung aus, dass wenn sich ein versicherter Arbeitnehmer als Fußgänger nicht auf direktem Weg in Richtung seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung bewegt, sondern sich aus eigenwirtschaftlichen Gründen in die entgegengesetzter Richtung läuft, trotzdem ausnahmsweise dem Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII unterliegen kann, wenn es sich hierbei um eine lediglich geringfügige Unterbrechung des direkten Weges handelt.

Eine Unterbrechung sei nur dann geringfügig, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise örtlich und zeitlich noch als Teil des Weges in seiner Gesamtheit angesehen werden kann.

Ein Versicherter, der zunächst die direkte Wegstrecke von seinem abgestellten Pkw zu seiner Arbeitsstätte zurücklegt, sich dann aber von diesem Ziel für wenige Schritte und für wenige Sekunden in entgegengesetzte Richtung fortbewegt, um das Verschlossensein seines Pkw zu prüfen und dabei verunfallt, steht mithin unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung.

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Es ist Sorge dafür zu tragen, dass der Widerspruch fristgerecht bei der Behörde eingeht. Achten Sie darauf, dass Sie den Zugang bei der Behörde auch belegen können. Wenn Sie Ihren Widerspruch mit der Post schicken, sollten Sie dies per Einschreiben tun. Falls Sie Ihr Widerspruchsschreiben persönlich bei der Behörde abgeben, lassen Sie sich den Empfang quittieren. Bei einem zur Niederschrift der Behörde eingelegten Widerspruch lassen Sie sich eine Kopie der Niederschrift geben.

Ebenso sieht das Gesetz vor, dass Sie Ihren Widerspruch auch in elektronischer Form erheben können. Dies gilt aber nur, wenn die Ausgangsbehörde dafür einen Zugang eröffnet. Außerdem müssen Sie bei der Einlegung des Widerspruchs die speziellen Vorschriften über die elektronische Kommunikation mit Behörden beachten.

Eine einfache E-Mail genügt nicht der Schriftform!

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